Die Entscheidung ist gefallen und sie ist alles andere als überraschend. Nach der vor kurzem erfolgten EM Aufstockung seitens der UEFA von 16 auf 24 Teams, entschied die FIFA in Person von Gianni Infantino die WM – Aufstockung von 32 auf 48 Mannschaften.
Nicht ab sofort, aber ab der Fußball-Weltmeisterschaft 2026, dessen Austragungsort noch gar nicht final entschieden wurde.
Kritische Stimmen aus Europa
Während viele Stakeholder aus Europa die FIFA Entscheidung zum Teil scharf kritisierten, freuen sich viele kleine Fußballnationalverbände über eine reelle Chance der Teilhabe an einem der größten Sportereignisse der Welt. Natürlich spielen für den Weltverband FIFA hier auch wirtschaftliche Interessen eine ganz entscheidende Rolle. Die FIFA kalkuliert nach übereinstimmenden Medienberichten mit Mehr-Einnahmen von ca. 600 Millionen Euro.
Doch Deutschlands – Lieblingssportart Nummer 1 Fußball hat nicht nur in Deutschland oder in Europa viele Fans, Liebhaber oder Enthusiasten, sondern der Fußball ist weltweit die populärste, emotionalste und völkerverbindenste Sportart, die es gibt. Somit hat die FIFA Entscheidung m.E. durchaus eine positive Signalwirkung bei aller berechtigten Kritik an negativen Begleiterscheinungen.
Mammut – WM mit 48 Teams | Vor- und Nachteile
Die Erweiterung der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich 2016 zeigte bereits, dass durch die Erweiterung des Teilnehmerfelds der Wettbewerb, das Niveau der absoluten Weltspitze verwässert wird. Beim Gruppenspiel Deutschland gegen Nordirland betonierten die Nordiren 90 Minuten lang ihren eigenen Strafraum gegen den Fußball-Weltmeister, auch nach dem 0:1 ließen die Nordiren nicht von ihrer Taktik ab. Selbstverständlich müssen sich die UEFA Funktionäre hier fragen: Können die hohen Eintrittspreise und TV-Lizenzen die spielerische Armut in Kombination mit eingeschränkten Spannungsmomenten (3 von 4 Mannschaften einer Gruppe erreichen die KO-Phase) rechtfertigen?
Portugal, der designierte Europameister um Cristiano Ronaldo erreichte in der Vorrunde mit drei Unentschieden und damit mit keinem einzigen Sieg die KO-Phase. Albanien musste nach seinem letzten Gruppenspiel bei der WM weitere drei Tage abwarten, ob ihr dritter Vorrundenplatz zum Weiterkommen reicht, bevor klar war, dass die Albaner die Heimreise antreten müssen.
Diese Begleiterscheinungen hätten die FIFA vor einer Aufstockung auf 48 Mannschaften warnen müssen. Jedoch gibt es meiner Meinung nach einen entscheidenden Unterschied. Die FIFA bewältigt ihre WM Aufstockung ohne Zusatzbelastungen der Mannschaften und Spieler. Infantino erläuterte, dass gegenüber 32er-Weltmeisterschaften keine zusätzlichen Stadien notwendig seien, keine zusätzliche Infrastruktur vonnöten sei, es für das Ausrichterland und die jeweiligen Städten und Kommunen nicht zu einer Kostenexplosion kommen werde.
Diese Tatsache entkräftet vielerlei Kritik, die insbesondere aus Europa auf die FIFA Entscheidung einprasselte.
Pressestimmen zur Mammut-WM an 2026
Pressestimmen europäischer Tageszeitungen zur WM Erweiterung zur WM 2026 (Quelle: rp-online.de):
The Sun (England):
„The World is not enough.“
Daily Mail (England):
„Die aufgeblähte 48er-WM ist ein Sieg der Mittelmäßigkeit über die Exzellenz. Je schwächer ein Turnier wird, desto mehr leidet der Fußball.“
Marca (Spanien):
„Die WM der Armen ist da!“
Blick (Schweiz):
„Ein großer Sieg für Infantino! Es zeigt auch, dass Infantino das eine oder andere von seinem ehemaligen Chef Michel Platini gelernt hat. Dieser hatte als Uefa-Präsident einst die Champions League mit fixen Startplätzen für die Kleinen geöffnet, bis zu seiner Suspendierung war er eigentlich nie gefährdet. Auch wenn das Niveau der Königsklasse in den letzten Jahren in der Breite merklich sank.“
Neue Zürcher Zeitung (Schweiz):
„Teuer bezahltes Geschenk. Die Fifa will mehr Einnahmen, immer mehr. Dabei ist es offensichtlich völlig egal, dass sich ein solches Großturnier noch schwerer in den internationalen Spielkalender einbauen lässt. Und wie die von 24 auf 32 Teams aufgestockte EM in Frankreich bereits gezeigt hat, werden sich die Spiele qualitativ noch mehr in die Breite entwickeln. Das ist aber geschenkt. Oder eben, um bei der Fifa zu bleiben: teuer bezahlt.“
L’Equipe (Frankreich):
„Eine WM für alle. Eine politische Entscheidung.“
La Gazzetta dello Sport (Italien):
„Die Fifa sagt Ja zu Infantinos Vorschlag. Eine kommerzielle Entscheidung.“
Ekstra Bladet (Dänemark):
„Bist du verrückt, Fifa? Bei der Entscheidung für 48 Teams geht es um Geld, Geld, Geld. Für die Fifa gab es rund sieben Milliarden gute Gründe für die Erweiterung auf 48 Teams.“
Krone (Österreich):
„Jetzt kommt die XXL-WM! Während man in Tahiti über die Entscheidung jubelt, sieht man in Europa das neue Format eher kritisch. Nach derzeitigem Stand soll die sportpolitisch brisante Frage der Quotenplätze voraussichtlich bis zum Fifa-Kongress im Mai in Bahrain endgültig geklärt werden. Für ÖFB- Präsident Leo Windtner war indes klar, dass auch Europa entsprechend seiner sportlichen Stärke mehr Startplätze erhalten soll.“
Der Weg zum WM Titel erfolgt weiterhin über 7 erfolgreich absolvierte Spiele. Durch die Reduzierung der Vorrundengruppengröße von 4 auf 3 Teams pro Gruppe gewinnt die WM sogar meiner Meinung nach an zusätzlicher Brisanz und Dramaturgie, da der KO-Charakter der Spiele von Anfang an eher belebend als spannungsmildernd wirken sollte. In Summe bedeutet dies, dass der Spielkalender der Fußballprofis nicht noch aufgeblähter und überspielter wird.
Dies trifft auf die EM-Erweiterung zu, da hier ein zusätzliches Achtelfinale installiert wurde oder auf Gedankenspiele der UEFA eine noch exklusivere Super Champions-League oder eine erweiterte Klub-WM einzuführen. Dies sind Beispiele sinnloser und gefährlicher Gedankenspiele von Fußballfunktionären, da diese viel eher den Fußball langfristig gefährden können, das „Rad hier überdreht wird“.
Erinnerungen der EM 2016 Frankreich
Was sind denn die prägnantesten und schönsten Erinnerungen an die Fußball Europameisterschaft 2016 in Frankreich? Richtig! Die Underdogs, die Kleinen, die im Laufe der Jahre nicht so im Vordergrund stehen, sie belebten das Turnier am ehesten: Die witzige „Hu“ – Choreographie der Isländer oder der nordirische Dauergesang „Will Griggs on fire“ für einen Spieler, der keine einzige Sekunde während der EM auf dem Feld stand.
„Freche Iren“, starke Waliser oder nimmermüde Ungarn, übrigens mit einer wahnsinnigen Fußball-Historie, sind die Erinnerungsfetzen einer Überraschungs-EURO mit einem Überraschungs-Europameister Portugal.
Euphorie auf WM 2026 Tickets
Freuen wir uns doch lieber für die kleinen Fußballnationen dieser Welt. Auf die Euphorie die in einem kleinen Land bei erfolgreicher WM Quali entfacht werden würde. Auf die Bilder singender und tanzender Bürger wie Fans in den Hauptstraßen der Hauptstädte qualifizierter Nationen. Auf spannende Ausscheidungsspiele in der Qualifikation zum größten Fußballturnier der Welt. Auf neue Kulturen, neue Fangesänge, neue Spieltaktiken oder neue Superstars, die während einer Weltmeisterschaft geboren werden.
Was ist noch unklar?
FIFA Präsident Infantino ließ in Bezug auf die 48er Weltmeisterschaft noch einige Fragen ungeklärt. Wie werden die neu geschaffenen Startplätze auf die Kontinentalverbände aufgeteilt? Wieviele zusätzliche Startplätze erhält Europa? Was wird aus der europäischen WM – Qualifikation? Gibt es hier vielleicht Möglichkeiten die Qualifikationsspiele sinnvoll zu reduzieren? Was machen zum Beispiel die Südamerikaner? Hier erhalten von etwas mehr als 10 Nationen ja bereits 5 ein WM – Ticket.
In welcher monetärer Höhe profitieren die abstellenden Clubs von den durch die aufgestockte Weltmeisterschaft erzielten signifikanten Mehr-Einnahmen? Afrika, Asien oder Übersee, hier können durch die Entscheidung neue interessante Fußballmärkte entstehen. Insbesondere die gegenwärtigen Investitionen Chinas in europäische wie südamerikanische Superstars lassen aufhorchen. Entsteht durch die sportlich zunehmende Attraktivität der Liga hier ein neues Fußball-Schwergewicht?
Was wissen wir bereits über die WM 2026?
Die finale Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2026 sollte ursprünglich im Mai 2017 in Kuala Lumpur erfolgen. Aufgrund der FIFA Korruptionsaffäre wurde diese Deadline seitens der FIFA auf unbestimmte Zeit verschoben. Auch das Ende der Bewerbungsfrist für interessierte Austragungsländer steht noch nicht final fest. Sicher ist, dass nach der WM 2022 in Katar kein asiatisches Land die Weltmeisterschaft 2026 austragen darf und soll. Nach FIFA Regularien sollen die Konföderationen der FIFA bei der Ausrichtung abwechseln: Eine Übersicht der an der Austragung interessierten Ländern gibt es hier oder mit weiterführenden Informationen in diesem Wikipedia-Artikel: Algerien und Tunesien; Australien und Neuseeland; China; Ecuador, Kolumbien und Peru; England; Kanada; Kasachstan, Marokko; Mexiko und die Vereinigten Staaten von Amerika.
Fazit
Die FIFA hat schon so manche unpopuläre Entscheidung getroffen. Bis heute ist nicht final nachweislich geklärt inwiefern Korruption und Absprachen die WM-Vergabe innerhalb der FIFA beeinflussen. Die Dauer und Standhaftigkeit der Vorwürfe sprechen für mehr als ein Funken Wahrheit, doch die Entscheidung einer 48er WM ist m.E. nachvollziehbar und viel weniger kritisch zu beurteilen als die UEFA Aufstockung einer EURO auf 24 Teams.